Montag, 27. April 2015

Kriminell


Ich sitze hier und Frage mich, warum er noch geweint hat.
Nach all den Toten.
Nach jahrelang... Diesem eiskalten Gesicht.
Und warum? Warum macht jemand so etwas?
Wer hasst so sehr?
Oder ist es hass? Ist es überhaupt hass? Wäre das das einfachste, aber die Wahrheit liegt tiefer, viel viel weiter unten?
Diese vielen Briefe, immer waren seine Leute vor mir da, immer war ich zu spät.
Jahrelang diese Schuldgefühle. Und jetzt stehe ich vor ihm. Alles ist weiß in diesem Raum, bis auf den Monitor, er ist schwarz.
Und ich begreife, dass es nicht meine schuld war. Egal, was ich hätte besser machen können, es war seine Schuld, seine Ganz allein. Oder?
Ich schaue ihn mir nochmal an, ich hätte ihm gerne einmal in die Augen gesehen, aber irgendjemand hat sie schon geschlossen.
Und mir wird klar, dass es Hoffnung war. 
Er hat es nie selbst getan. Er hat immer dieselben handeln lassen.
Er hatte die Messer nie in der Hand.
Es waren immer die einsamen gewesen, die er veranlasst hatte.
Sie hatten keine Wahl, denn er war es, der die Fäden in der Hand hatte.
Aber trotzdem hatte er Hoffnung. Hoffnung, dass einer es nicht tun würde.
Dass einer aufgeben würde, einfach aus Moral, nicht aus Sinn.
Weil er nie jemanden gekannt hatte, der so war. Alle waren immer nur einsam und motiviert und dennoch unendlich traurig.
Und er hat gehofft, gehofft dass einer besser war, als er. Als die von damals.
Ihn hat keiner überlebt. Aber er eben auch nicht.
Ob es das erste mal war, dass er geweint hat? Oder schon damals, als...
Oder dann, beim ersten...
Ein Psychopath.
Er war krank. Völlig. Ich sollte ihn hassen. Oder?
Was stehe ich noch hier!
Sein fall ist abgeschlossen.
Und ich habe noch Hoffnung, ich glaube an das Gute im Menschen und wenn ich der letzte Mensch auf Erden bin... 
Das Gute im Menschen.Oder ist es doch nur am Menschen?
Ich kämpfe dafür. Ich habe noch nicht ganz gegen ihn verloren. 
Ich habe noch etwas, dass ihm bis zum Schluss gefehlt hat.
Denn seine Hoffnung starb mit ihm, meine stirbt zuletzt

_

Ich bin deine gebrochene Lanze.
Bin der, der nicht hielt was er versprach.
Bin nicht das was ich scheine,
sag nicht das was ich meine,
weil ich es nicht sagen darf.

Ich bin Kriminell,
bin, wen du glaubst zu kennen,
jetzt noch besser als zuvor.
nein. 
Ich versteck mich nicht hinter meinen Geschichten,
Alle Welten und Charaktere sind ich, denn
Mich zu suchen, vor mir zu verstecken, das ist mein Leben,
Genauso wie deines und eben
Da liegt die Komik, die verdreckte Tristess.
Doch durch all das verletzten hat sich entsetzten gesetzt.
Ich bin kriminell, bin Mörder deiner Autobiographie.
Bin die Stunde des Schreckens, Schuld der Lethargie.
Und warum?
Weil ich mich verändert habe.
Oder weil du mich dazu machst.
Und du hast das Recht dazu. 

Aber du wirst mir keine Selbstzweifel entlocken.

Freitag, 17. April 2015

Eine große Familie.

Sie ist zwölf.
Und sie ist schlau.
Und eigentlich fühlt sie sich wie in einer falschen Zeit.
Ja, sie fühlt sich auch erwachsener, 
vor allem aber fühlt sie sich wie aufgewacht im falschen Jahrhundert.
Sie lebt jetzt in einem Jahrhundert, in dem täglich ihre innere Stimme brüllt.
Natürlich brüllt sie nie wirklich, denn dann wäre sie ja nicht besser als die, wegen denen sie brüllt.
Manchmal denkt sie, dass es sinnlos ist, noch zu schweigen.
Manchmal würde sie es aussprechen, auch wenn es dumm klingt, irgendwie banal und kindisch. 
"Habt euch doch einfach mal lieb!"
Ist das denn so schwer?
Denn wenn man darüber nachdenkt, ist das die einzige Wahrheit, 
die einzige Möglichkeit, ihre Familie zu retten.
Sie sind doch viel älter als sie und sie kann sich nicht vorstellen, 
dass sie jemals begreift, warum nicht. Vermutlich wird sie es dennoch, denn jeder wird mal erwachsen.
Aber wenn man sie fragen würde, ob sie das wollen, dass sie sich anschreien.
Ob sie dabei wirklich nie an sie gedacht hatten, wenn man einmal fragen würde, 
wo sie hindenken, wenn sie aufeinander losgehen. 
Sie sind doch ein Vorbild, für ein Kind, wie sie.
Ob man sich nicht einfach hinsetzten und reden könnte, wie vernünftige Kinder.
Dann würden die Großen nämlich auch verstehen, dass sie doch eigentlich das Gleiche wollen. 
Dass sie glücklich sind. Und dass das Geld reicht. Und dass keiner von den Dreien Schäden nimmt.
Sie schaut sich um, im Wohnzimmer, wo die beiden immernoch so laut sind. 
So laut, dass sie sich selber gar nicht mehr hört.
Niemand könnte bei diesem Lärm noch denken. 
Und dann schaut sie neben sich, 
ihre Mutter und ihr Vater sitzen friedlich am Tisch und lesen Zeitung.
Sie sind nicht diese lauten Menschen.
Wer schreit? Das fragt man noch? 
Die Mutti. Und der Bomber.


_



Sie ist zwölf
Und das ist viel zu klein. Um ihren Hals hängen drei große Klötze:
Bildung.
Intuition.
Und Empathie.
Das ist eigentlich gut, aber nicht wenn du zwölf bist, wenn sie in deiner Klasse von Wendy auf die Bravo wechseln, oder was die Kinder heute so auf dem Gymnasium lesen.
Wenn du zu schlau redest, dann finden sie dich komisch und wollen nichts mit dir zu tun haben.
Wenn du intuitiv handelst dann verstehen sie dich nicht und haben Angst.
Und wenn du Menschen leiden siehst dann musst du weinen und davor haben sie alle auch Angst, denn Emotionen zu zeigen ist unerwünscht. Das bringen sie den Kindern bei, wenn sie so alt sind.
Und sie ist schlau und intuitiv und hat kaum Freunde.
Sie ist oft einsam und versucht diese Welt zu kopieren, die da um sie herum pulsiert, aber durch kopieren versteht man nicht.
Sie ist oft einsam. In einer Großfamilie hat nie jemand Zeit...
Und das alles mit zwölf, aber ihr könnt euer Mitleid zuhause lassen. Sie ist stark. Stärker als so viele von euch Wichtigtuern. 
Ja sie wird fallen, wieder und wieder, aber sie wird immer wieder aufstehen können.
Denn so eine Großfamilie bietet auch Halt. 
Denn stark werden wir nur, wenn wir begreifen, dass Fallen und Aufstehen notwendig sind 
und, dass Berge nunmal bestiegen werden müssen.
Sie ist zwölf. Und sie weiß das alles vielleicht nicht. Aber sie spürt es.

Montag, 13. April 2015

-ohne Titel-

Improvisier' euch mein Leben aus voller Seele.
Aber ihr applaudiert nicht.
Ist nur ein Leben, das jeder lebt.
Da wird nicht applaudiert.
Wann begreift das Irgendwer?
Wann begreife ich das?
Wir sind keine Schauspieler auf Bühnen, wir sind keine Fürsten und Könige.  Wir sind so wie wir sind. Ohne Titel. Keiner steht für uns auf und applaudiert. Wir tuen es doch auch nicht. Warum auch?
Gebt mir ein bisschen Zeit, die Last kurz von der Schulter zu nehmen und den Kopf unter Normalität zu halten.
Dann geht das. Auch ohne Applaus.


-


Ich stolpere ihr hinterher.
Meine Knochen ziehen mich nicht nach oben, ich laufe ungelenk.
Zu oft, immernoch, geben sie, gebe ich, nach.
Ich habe sie noch nicht, die Überschrift. Nur um mich herum weiß jeder, was über seiner Geschichte steht.
Über mir steht nichts, nichts strafft von oben, zieht an meinen Augenlidern.
Meine Gedanken wackeln. Meine Fragen fallen.
Is all the world a stage? Shakespeare?
Dieses Leben - Zufall? Darwin?
Oder ist es Schicksal? Sprich jetzt Universum!
Etwa doch dein Werk? Gott?
Wo seid ihr, wenn man euch braucht?
Ich verstehe nicht, warum gerade Zahlen mir zu symmetrisch sind, warum bunt besser ist als kahl, warum, wenn dieser Mann dort singt, die ganze Welt steht und hört.
Warum zur Hölle brauchen wir Grenzen?
Ich brauche Antworten! Jetzt!
Es spricht ein Mafioso aus mir.
Antworten! Und alles, was ich weiß, ist dass ich sie nicht finde, wo die Anderen suchen.
Ich will nicht mehr schwanken.
Gibt es für mich ein Kapitel ohne aufgeschürfte Knie?
Gibt es Geschichten, die mich die Überschrift vergessen lassen, die über ihnen hängt?