Sonntag, 29. März 2015

Märchen

Manchmal fühle ich mich wie eine Fee.
Nein, kein wunderbar zierliches Wesen.
Eine Fee aus Peter Pan.
Immer nur in der Lage ein Gefühl zu empfinden.
Vollkommenes Glück.
Vollkommene Trauer, Wut.
Und jetzt?
Jetzt bin ich glücklich. Wirklich.
Aber ich bin wohl manchmal nur ein Kind, ein Mensch. Und Menschen wissen, dass nicht alles gut sein kann und wenn es dann doch mal gut ist, werden sie skeptisch.
Die Fee in mir ist glücklich, heute.
Aber was ist da noch?
Ich vermute, es ist Angst, wie immer.
Angst, dass der Sand, der mir fliegen helfen soll meine Finger verklebt.
Aber mein Gott! Was kümmert mich eine Fee!
Nur Alice bin ich auch nicht, einem schwarzen Loch verfallen.
Gretel zu sein kann ich mir auch nicht anmaßen.
Das erste Mädchen, dass einen Jungen aus dem Feuer rettet.
Ich bin nicht Maja, denn ich klaue ihren Honig und lache dennoch nie wie sie.
Zu sagen, ich wäre Momo, allein unter grauen Männern, wäre endgültig arrogant.
Wir Menschen, wir fühlen, wir sprechen, wir zeigen nie ganz.
Geschichten sind wir keine. Aber manchmal schreiben wir sie.

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"Was kann ich dir erzählen?
Ich kann dir sagen, dass ich, dass wir sie alle geschrieben haben. Die guten Enden. 
Die schönen Geschichten. 
Weißt du,  Ich liebe es so vor ihnen zu sitzen, wenn sie mir zuhören, 
wie ich vom Rotkäppchen und Dornröschen erzähle. 
Du weißt ja, sie lieben Märchen.
Sie wissen ja nicht, dass wir das wirklich alles gesehen haben. 
Die sieben Geißlein, den gestiefelten Kater!  Na gut. 
Je nachdem wie man es nimmt.
Aber wie dumm wäre es denn ihnen alles zu erzählen!
Wieso ich es überhaupt mache?
Ah, mein Freund, eine gute Frage....es ist vielleicht....der Nervenkitzel.
Man kann nicht mit der Tür ins Haus fallen, 
man berichtet vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf und nicht von zwei Männern, 
die....sagen wir, einen besonderen Geschmack haben.
Und die Leute lieben es ja auch...der Kuss, der Dornröschen erweckte!
Wir haben ganz andere Sachen mit der Kleinen Angestellt! 
Und ich glaube mich zu erinnern, dass sie nicht mehr geschlafen hat. 
Aber gehört hat es ja keiner.
Doch wer würde das denn schon erzählen?
Furchtbar! Wiederwärtig.
Ich habe gehört, dass sie neuerdings anfangen aus unseren Märchen Lehren zu ziehen, sie ihren Kindern zu erzählen.
Hättest du das gedacht?
Dass sie einmal die Morde des Wilhelm und Jacob Grimm ihren Kindern vor dem 
Zubettgehen erzählen werden...?
Welche Weisheit würden sie deiner Geschichte entnehmen?
Wie dem auch sei, was sagtest du? Hans war dein name. Lehre? Gold? Kuh? Achja! 
Der Schleifstein...gut sieht er aus...ach Hans...würdest du jetzt nicht da unten in dem Brunnen liegen...es könnte glatt der Schleifstein sein.
Adieu!
Es war schön mit dir zu plaudern!
Doch ich muss weiter. Man berichtet sich ein Mädchen könne Stroh zu Gold Spinnen..."

Sonntag, 22. März 2015

Menschen

Es ist schrecklich, Menschen lesen zu können.
Die Bewunderung einer Magersüchtigen für die andere in einem einzigen Blick zu erkennen; eine ausgedachte Geschichte oder Lüge an einer Augenbewegung ablesen.
Es ist Fluch wie Segen. Emotional getrübt verdrängt man Erkanntes und heißt sich schlussendlich 
einen Idioten, lässt den Verstand wieder arbeiten und dadurch erlangt man wieder Wissen.
Es ist schrecklich, etwas zu wissen. Vor allem über Menschen.
Was die einen für bewundernswertes Lächeln trotz eines Schicksalsschlages nennen, erkennen wir als tot an. Die traurigen Augen zum grinsenden Gesicht. Die Flüchtigkeit.
Wie lange braucht es, sich ein Bild von einem Menschen zu machen?
Keine Ahnung...
Aber zu erkennen und nachzuvollziehen, was ein Mensch gerade jetzt fühlt oder denkt ist mit genügend Informationen nicht schwer.
Nur die Konsequenzen...
Es ist schrecklich, Menschen lesen zu können.
Und fast unmöglich, sie zu verstehen, zu wissen warum wer wie denkt und warum nicht.
Dafür müsste man mit ihnen reden, dafür müssten sie reden wollen.
Machmal schafft dieses Reden etwas so Wunderbares, Einzigartiges, dass etwas entsteht was für immer bleibt.
Was ist Freundschaft anderes, als lesen und verstehen?
Natürlich auch missverstehen und korrigieren. Aber das ist natürlich und normal.
Und dann verrät einem der Blick in das Gesicht eines Freundes alles, was man wissen muss. Und wenn es ein trauriges lächeln ist und man nicht fragen darf, dann ist das schlimmer, als selber nicht sprechen zu können, zu wollen, zu dürfen, zu wasauchimmer.
Es ist schrecklich Menschen lesen zu können, es ist schrecklich, sich zu irren, es ist schrecklich, recht zu haben.
Aber Menschen lesen und verstehen hilft auch. Denn nur so können wir ihnen helfen, sich zu begreifen.

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Menschen sind dumm, denn sie wissen nichts.
Wir sind seltsam. Wir Menschen. Oder besser das, was zwischen uns liegt.
Ich grübele seit ich denken kann über dieser Frage und ich denke, ich werde mir nie eine Meinung bilden wollen.
Wo hört Liebe auf und wo fängt sie an?
Manchmal bin ich geneigt zu denken, dass Liebe schon das kleinste bisschen Zuneigung, sogar nur Aufmerksamkeit ist.
Aber dann wäre Hass ja auch nur Liebe.
Ist Liebe alles, was zwischen zwei Menschen steht?
Oder steht da..... Kann da überhaupt noch etwas stehen?
Ich bin mir nicht sicher, ich bin lieber vorsichtig.
Deswegen hasse ich niemanden. Ich bin noch der Überzeugung, dass das geht... Gehen kann.
Kann man einen Mörder lieben? Als Mutter, als Frau, als Schulfreund?
Und kann man das beurteilen aus so weiter Entfernung?
Wir wissen nicht, wann wir lieben.
Liebe generell ist ein schlechter Begriff.
Er muss für alles herhalten zwischen Hass und.... Ja was eigentlich? Vollkommener Liebe?
Wir leben im  21. Jahrhundert, wer glaubt da noch an Gespenster!
Liebe sollte bestehen zwischen ehrlichen Menschen, egal woher sie stammen.
Trotzdem sind die Worte "Ich liebe dich" heutzutage viel zu schnell gesagt.
Trotzdem gibt es Hass.
Gibt es irgendeine Sprache, ein Lexikon, ein sakrales Pergament, eine versteckte Formel,
irgendetwas, das uns Menschen verstehen lassen kann?
Wir sind allein, manchmal zu allein, mit vielen Fragezeichen.
Und zu verdreht und zu verquer, um zu begreifen, dass Menschsein Lieben heißen kann.

Dienstag, 10. März 2015

sortieren

Irgendwo muss das doch alles zu sortieren sein.
Du, ich, er, sie, wieder du.
poch-poch
wer ist da?
Herz.
Nicht lustig. geh wieder.
abgehackte Gedanken zu lauter Musik.
Irgendwo muss das doch alles zu sortieren sein.
Er, sie, andere sie, wieder sie.
aber nein nie eines zum anderen.
Irgendwo muss das doch alles zu sortieren sein.
Jedem tierchen sein plaisirchen.
Aber nein. Ich brauche den Platz zwischen den Stühlen.
und da wird man ein kurzes durcheinander wohl ertragen.
Und dann seh' ich dich und dann seh' ich sie und da ist schon wieder dieser Kurzschluss.
Werdet euch darüber klar was ihr wollt! Will ich euch zuschreien.
Als hätte ich selber meine Ahnung. Will fünf Minuten Ruhe. dich im Arm. Zehn Stunden. Alleine. Einen Monat mit euch.
Kopf=Durcheinander.
Normal.
Wir sind wer wir sind.
Abgehackte Gedanken zu lauter Musik.
Irgendwo muss das doch alles zu sortieren sein.

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Er hatte es geschrieben und jetzt hängte er es ans schwarze Brett.

Er hatte es nicht noch einmal gelesen. 

Wer Fehler fand, der durfte sie behalten. Ab jetzt für immer.

Er musste einfach schreiben-er hatte es vorher nie getan und seinen ersten Versuch hängte er ans schwarze Brett seiner Schule.

Er wusste, dass er über seinen Zustand, seine Phase, seine Gefühle noch nicht ganz schreiben konnte, weil sie noch nicht vorüber waren.

Nie würden sie vergehen. Nie wirklich ganz...

Was er konnte, war sich zu entschuldigen, dazu war er jetzt bereit.

Weil die anderen nicht verstanden, warum er tat, was er tat.

Entschuldigen, für seine flapsigen Bemerkungen, Entgegnungen, seine Kurzangebundenheit, seine manische schlechte Stimmung.

Er hatte aufgeschrieben, dass er nicht hatte unhöflich sein wollen, als er Begrüßungen und Fragen überhörte.

Das es besser so gewesen sei stand auf dem Papier, und dass es ja nie um den Einzelnen ginge, dass er nur keinen Kontakt zur Welt wollte, dass er mit niemandem hatte sprechen wollen.

Denn was wäre passiert, hätte er geantwortet?

Egal, was-sie hätten einen Grund verlangt.

Nur einen wirklichen großen Grund gab es nicht.

Also keinen, der groß genug gewesen wäre und wenn doch, hätte niemand ihn verstanden, am wenigsten er selbst.

Es wog schwer, in seiner Hand, das Papier.

Das machten die Offenbarungen.

Es war größer und unhandlicher, als es aussah, das Papier.

Das machten die Versprechen.

Die Offenbarungen, die vielleicht auch keiner verstand, weil niemand verstand, wie es war, so unendlich traurig zu sein und einfach nicht wieder glücklich sein zu können. Dass er, ein Junge, geweint hatte. Das er sich weh getan hatte. Sich selbst.

Die Versprechen, dass es nicht so blieb, dass er das wieder in den Griff bekam und dass das geht, Schritt für Schritt.

Ohne Abkürzung, er zahlte volle Preise. Er musste anders kämpfen, als der  Rest. Er kämpfte mit Rosen, weil er niemanden außer sich selbst zu fürchten hatte.

Jeder tut, was er kann wie er es kann. Manchmal müsste er egoistisch sein. Das tat ihm leid.

Und das hatte er geschrieben.

Jetzt, als er es ans schwarze Brett hing, wusste er, dass er das Richtige tat, egal, ob jemand es las, es würde da stehen, als Versprechen.

Im Weggehen bemerkte er noch, dass das, was alle das schwarze Brett nannten, eigentlich ganz weiß war....... Und dass es vielleicht ein bisschen leuchtete.

Und zum ersten Mal war es ihm egal, ob das noch jemand außer ihm sah.