Dienstag, 30. Dezember 2014

Einfach Irgendwas mit Kälte

Ich sehe diese Welt, diese Stadt, diesen Schnee.
Das Kokain der Depression.
Und ich sehe diese Landschaft, diesen Baum, diese Äste, voller gefrorenem Wasser.
Diese beiden Äste.
Es sind zwei Äste.
Sie berühren sich nicht, aber sie sind verbunden vom Winter, von der Kälte, vom Eis.
Sie erinnern mich an uns. Weil wir ja schließlich auch nie verbunden waren.
Ein Stamm, eine Krone, aber keine Wahl.
Und dennoch sind wir verbunden.
Wie groß der Abstand von Verbindung und Berührung doch sein kann.
Und ich sehe uns, wie wir da sitzen und reden und doch nicht wissen, was wir tun und dass es auf seine Weise gut ist.
Aber es ist eben kalt. Es ist ein Klirren, kein Scheinen.
Und schön ist das Licht, das sich im Eis bricht.
Und zwischen Sonne und Schnee bleibt die Frage nach dem Ende des Winters.
Und ob es uns gut tut-So, wie wir sind.
_
Es herrscht Grieg in meinem Herzen.
So norwegisch
Fühl ich mich.
Sehnsucht nach der Kälte Schmerzen...
Ich will nicht an die Adrien'
Ich will Skandinavien!
_
Kaum eine andere Zeit ruft so gemischte Gefühle auf den Plan.
Es ist kalt...
Die Zeit der Melancholie und der Winterdepressionen.
Manche nutzen sie, um über sich und das fast vergangene Jahr zu reflektieren. 
Anderen ist einfach nur kalt.
Besorgte Bürger gehen auf die Straße um zu demonstrieren, obwohl es kalt ist. Oder gerade deswegen. Gegen den Schnee haben sie ja nichts, nur vor ihrer Haustür soll er sich doch bitte nicht niederlassen, genau wie die Einwanderer.
Anderswo sterben gerade unzählige Menschen aus Ebola an Westafrika.
Sensation!
IS-Selbstmordattentäter stirbt als 23 Zivilisten auf einer Beerdigung explodieren!    
Aber dort ist es ja nicht kalt. 
Denn das ist doch schließlich unser größtes Problem. 
Es ist kalt...
Uns ist kalt...
Wir sind kalt...

Sonntag, 14. Dezember 2014

Vernunft

Er wäre gern wie alle, aber er ertrinkt.
Er greift nach ihr, denkt er kann sich festhalten, doch sie ist leer, ein falsches Bild am falschen Ort.
Er war schon immer, wie er ist.
Aber er hat es satt unterhaltsam zu sein.
Ein dicker Clown sieht immer drollig aus, auch wenn er über seine riesigen Schuhe fällt.
Jeder verwechselt das Blut mit Theaterschminke.
Er würde nicht fallen, hätte er sie an seiner Seite.
Sie hat ihm nie gehört, auch wenn er sie liebte.
Und er ist sich seiner Schuld bewusst, denn er hat oft gegen sie gehandelt.
Er ertrinkt, weil er nicht weiß, dass er neben Lungen auch Kiemen hat.
Und im letzten Moment bereut er, weil er stirbt und sie überlebt.
Doch die Vernunft stirbt zuletzt.

_

Erzählt mir eine gute Geschichte die mit dem Satz: "Heute bin ich mal vernünftig gewesen" beginnt.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Monster

Sie sind da.
Sie existieren.
Sie sehen vielleicht anders aus als die, die ich sehe, aber da sind sie trotzdem.
Und sie sind bunt.
Und deshalb sind sie böse.
Für dich. Für den Rest.
Du magst sie nicht, weil sie anders sind.
Sie sind bunt und haben Ecken, manchmal Rundungen.
Und wegen Menschen wie dir zieht sich der Typ, 
dem Blumen aus den Augenbrauen wachsen, den Hut tiefer ins Gesicht.
Aber er ist da.
Und du weißt es.
Und du weißt, dass er das darf.
Du weißt nur nicht, ob seine Eigenheiten kompatibel mit deinen sind.
Das kleine Mädchen in deiner Straße hat sich das Zuhören abgewöhnt und
statt ihrer Ohren hat sie Heuschrecken.
Hast du sie wirklich nicht bemerkt?
Als du weggesehen hast, als der große blonde Junge in dem grün-blau-orangen Mantel
sie schlug?
Sie verdient diesen Namen nicht.
Das Monster bist doch du.

_

Heute Morgen sah ich ein Monster im Spiegel. Ich wusch es, kämmte es, doch es blieb ein Monster.
Ich trage es durch den Tag. Es redet mit mir, befiehlt, leitet mich, handelt.
Und ihr seht es nicht.
Es sitzt auf meinem Rücken, auf der Schulter, flüstert mir ins Ohr oder zieht mir an den Haaren.
Und ihr seht es nicht.
Es hängt sich an mein Bein oder schleift mich durch die Gänge des täglichen Elends.
Und ihr seht es nicht.
Keine Ahnung, was es ist. Es macht mich krank, knabbert an meinen Innereien.
Es hat mein verdammtes Herz tot gemacht!
Ich fühle mich taub. Mein Kopf sagt mir jetzt was ich fühle -
aber auch was ich denke; führt mit sich selbst den Dialog, den er sonst mit dem Herzen hätte.
Er kreist, verwirrt, sich selbst den Gegenspieler liefernd, den er doch braucht, der doch mein Antrieb war...
Er wird verrückt und mein Monster klatscht in die Hände und macht Salti.
Ich wünschte, es wär nicht.
Ich wünschte, ich fühlte.
Aber ein Dichter muss leiden um schreiben zu können.

Montag, 1. Dezember 2014

Physik

Antwortsatz

Tod und Leben und
Immer mittelmäßig gut
Und immer falsch was ich sage
Und dumm, was ich tu.

Wir selbst, das sind die Fehler,
Die wir zweimal machen.
Wir setzen uns zusammen,
Aus den Menschen, die wir nicht sind.

Du stirbst nicht, du lebst.
Du bist hier und stehst
Vor mir, Homo Sapiens
Bin sechzehnundzwanzig.

_

Mechanisch bewegt webt sich etwas in dir ein. 
Mit dem Hin und Her des Pendels der Zeit wird es gefestigt, verschraubt, vertaut.
Vertraut ist es bald und war doch fremd.
Du hast es getragen auf längeren wegen um Kräfte zu sparen.
Mit dem Tick und Tack deiner inneren Uhr wird es wahr.
Klar, es ist vertraut und war doch fremd.
Es ist das, was man Wissen nennt...

Und was wissen wir nicht alles!
Wir wissen zum Beispiel, dass alles Physik ist. Unser ganzes Leben.
Denn Biologie ist Chemie und Chemie ist Physik, weil dass was diese kleinen fiesen Elektronenbiester machen, ist nichts als Physik.
Das ist er: der Boden der Erkenntnis.
Wir sind Zufall.
Wir sind Launen der Physik.

Wie kalt das klingt...
Francois Lelorde lässt Hector auf der suche nach dem Glück notieren: " Frage: ist Glück nur eine chemische Reaktion im Hirn?" 
Ist Glück also auch nur Physik?
" nein!!!" werden wir alle aufschreien.
Natürlich.
Wir sind ja Menschen.
Wir hoffen, dass alles irgendwie einen Sinn hat,
Dass es diesem Planeten nicht scheißegal ist ob etwas lebt oder nicht.
Aber irgendwie wissen wir es doch.
Wir wissen, dass wir Zufall sind.
Warum?
Weil wir gedacht, gefragt und geforscht haben. Weil wir wissen wollen.
Alles!
Wir wollen wissen wo unser Mann war.

Auch wenn es nicht gut ist.
Wir wollen wissen, warum wir wie handeln.
Auch wenn es egal ist.
Wir wollen wissen,warum wir leben.
Auch wenn es fatal ist.

Wir wissen, warum  Sterne funkeln, warum sich Planeten drehen, wir wissen sogar, warum Glühwürmchen leuchten!
Toll.
Boote schwimmen. Flugzeuge fliegen. Menschen gehen. 
Das ist doch alles normal. Gesehen. Gehört. Verstanden.
Und dabei habe wir das doch einmal bewundert!
Als wir Kinder waren.
Wie stolz wir waren, bei unseren ersten Fahrradfahrversuchen, wie schön es war, Papierflieger zu bauen!
Und jetzt steht das alles fest. Alles ist logisch. Auftrieb undso.
Und natürlich dreht sich die Erde, und natürlich leuchten Sterne, weil Gase verbrennen.

Ihr haltet mich manchmal für kindisch, weil ich verzückt einer Kerze beim Brennen zusehe oder mich freue, wenn im Chemieunterricht eine Flüssigkeit ihre Farbe ändert.
Ich staune. Ihr versteht.
Ich bin glücklich. Ihr habt Probleme.
Ich habe Momente. Ihr habt Zukunft.
Aber mir sind glückliche Momente lieber als eine problemhafte Zukunft.

Staunen und verstehen sind Gegensätze.
Sie halten die Waage.
Und ich werde immer ein wenig mehr auf die Seite des staunens legen...